Die Geschichte des Weidenröschen Tees haben wir Dir vor einiger Zeit bereits vorgestellt und wie Du vielleicht gelesen hast, war es nicht ganz einfach, die Wahrheit hinter dem Ivan Chai herauszufinden. Viele Mythen und Legenden sind im Umlauf, die mit der Realität nur sehr wenig zu tun haben. Vier ungewöhnliche Mythen über Weidenröschen Tee stellen wir Dir vor.
1. Seit dem 12. Jahrhundert war Weidenröschen Tee ein Krieger-Getränk
Weidenröschen Tee soll vor über 700 Jahren in der Umgebung der russischen Festung Koporje, etwa 100 Kilometer südwestlich des heutigen Sankt Petersburg, entdeckt worden sein. Hier soll der Tee ein beliebter Trunk bei Kriegern gewesen sein. Dem Getränk wurde die Eigenschaft zugesprochen, wundersame Kräfte zu besitzen und Stärke zu verleihen. In der umkämpften Geschichte der Festung soll das Getränk daher bereits im 12. Jahrhundert bei russischen Truppen sehr beliebt gewesen sein.

Belege dafür finden sich allerdings nirgends, so dass diese Geschichte sowie die zugesprochenen Wunderkräfte eher ins Reich der Mythen und Legenden einzuordnen sind.
2. Weidenröschen Tee war lange Zeit der wichtigste Tee Europas
Von Koporje aus soll der russische Weidenröschen Tee bis Anfang des 20. Jahrhunderts einer der drei wichtigsten Exportgüter Russland gewesen sein. In ganz Europa, bis in die Königshäuser hinein, wurde Weidenröschen Tee getrunken. Insbesondere das 17./18. Jahrhundert – so sagt es der Mythos – war die Blütezeit des Ivan Chais in Europa.
Leider konnten wir keine Hinweise finden, die diese Behauptung stützen. Den Weg nach Europa fand das Weidenröschen aus Russland aber dennoch. Die Pflanze wurde genutzt, um teure chinesische Schwarztees zu kopieren und nach Europa weiterzuverkaufen bzw. um echten chinesischen Tee, der über den Landweg durch Russland transportiert wurde, zu strecken.
3. Lenin wurde vom britischen Geheimdienst bestochen
Eng verbunden mit dem Mythos, dass Ivan Chai der wichtigste Tee Europas war, ist auch diese Geschichte: Aufgrund der angeblichen Dominanz des russischen Tees sah sich die britische Ostindienkompanie in ihrer Existenz bedroht. Gerüchte über gesundheitsschädliche Verunreinigungen im russischen Weidenröschen Tee wurden gestreut. Anfang des 20. Jahrhunderts sollen durch den britischen Geheimdienst gar Bestechungsgelder an Lenin geflossen sein, um für die vollständige Einstellung der russischen Weidenröschen Tee Produktion zu sorgen. Erst auf diese Weise wurde der Siegeszug britischer Teeimporte aus Indien und Sri Lanka ermöglicht.

In Wahrheit gab es in Russland bereits 1816 und 1833 Verbote in Bezug auf Weidenröschen Tee. Sie sollten allerdings die kriminellen Machenschaften mit gefälschten oder gestreckten chinesischen Tees stoppen – zunächst mit mäßigem Erfolg. Bis Ende des 19. Jahrhunderts nahm das Angebot gefälschter Tees weiterhin stark zu. Mit dem zunehmenden Import günstigerer Tees aus Indien und Sri Lanka verlor das Fälschen oder Strecken teurer chinesischer Tees seine Attraktivität.
4. Hitler fürchtete sich vor Weidenröschen Tee
Berlin 1941. Ein Bericht aus der Sowjetunion beunruhigt Hitler. In der Umgebung der alten russischen Festung Koperje soll die Rote Armee ein Geheimlabor – Codename "Lebensfluss" - errichtet haben. Das Ziel: Die Entwicklung eines geheimen Elixiers zur Steigerung der Kampfkraft und Ausdauer sowjetischer Soldaten. Hitler sieht in diesem mächtigen Wundertrunk eine große Gefahr und gibt den Befehl, das Labor dem Erdboden gleich zu machen. Panzerverbände der Heeresgruppe Nord mit dem eigentlichen Ziel Stalingrad stoßen nach Koporje vor und zerstören die angebliche Forschungseinrichtung.
Tatsächlich hinterließ die Wehrmacht auch in Koporje eine Spur der Verwüstung. Für die abenteuerliche Geschichte, dass in Koporje an einem Wundergetränk geforscht wurde und Hitler aus diesem Grund die Zerstörung anordnete, finden wir keine gesicherten Belege.
Fazit
Weidenröschen Tee ist seit vielen Jahrhunderten als Heilpflanze oder zur Tee-Herstellung bekannt. Vielleicht tranken bereits die Krieger auf der Festung Koporje im 12. Jahrhundert Weidenröschen-Tee oder nutzten die Pflanze zur Versorgung von Wunden. Dass Weidenröschen Tee lange Zeit in Europa der wichtigste Tee war, halten wir für eine Legende. Aber große Mengen wurden als gefälschte Tees vermutlich in ganz Europa konsumiert – vielleicht sogar an den Königshäusern. Um den Tee-Fälschern das Handwerk zu legen gab es jedoch bereits Anfang des 19. Jahrhunderts in Russland Gesetze, die Anbau und Verarbeitung von Weidenröschen einschränkten und das Fälschen oder Strecken von Tee unter Strafe stellten. Dass Weidenröschen Tee als solcher also eine Bedrohung für britische Tee-Ambitionen war, passt einfach nicht zusammen. Hitlers Furcht vor dem Wunderelixier aus Weidenröschen schließt den Kreis zum stärkenden Kriegergetränk des Mittelalters aus Koporje.
Wir glauben, dass es sich bei diesen Legenden um einen konstruierten Mythenkomplex handelt, um ein bestimmtes, positives Image des Weidenröschen Tees zu formen und den Tee weltweit bekannt zu machen. Zurecht, denn der Tee schmeckt auch uns bei tea exclusive hervorragend – wir bleiben aber lieber bei der Wahrheit!