Wakocha Tee: Japans seltene Schwarztee-Tradition
Was ist Wakocha?
Wakocha (和紅茶) bedeutet wörtlich „japanischer Schwarztee“ („wa“ = Japan, „kocha“ = Schwarztee) und bezeichnet Schwarztees, die in Japan angebaut und verarbeitet werden. Anders als viele chinesische oder indische Schwarztees wird Wakocha meist aus denselben Teepflanzen hergestellt, die auch für japanischen Grüntee genutzt werden, vor allem Yabukita oder speziell angepasste Cultivare wie Benifuuki oder Benihikari.
Der Name „Wakocha“ wurde bewusst gewählt, um diese japanische Variante vom globalen Schwarztee-Markt abzugrenzen und ihren Ursprung zu betonen. Wakocha unterscheidet sich deutlich im Geschmack: Er ist bekannt für seinen milden, weichen Charakter mit fruchtigen, floralen Aromen und einer angenehmen Honigsüße. Daher wird er in der Regel pur getrunken, ohne Milch oder Zucker.
Geschichte & Bedeutung
Wakocha hat eine überraschend lange Geschichte. In der Meiji-Zeit (spätes 19. Jh.) begann Japan, Schwarztee zu produzieren, um am wachsenden globalen Teemarkt teilzunehmen. Besonders Shizuoka wurde zum Zentrum der Schwarzteeproduktion, als Motokichi Tada – ein bedeutender Pionier – Teeverfahren aus China und Indien nach Japan brachte. Kultivare wie Benihomare wurden speziell für Schwarztee gezüchtet.
Lange Zeit exportierte Japan große Mengen Schwarztee, doch ab der Mitte des 20. Jahrhunderts brach der Markt ein: Indische und Ceylon-Tees (Sri Lanka) setzten sich international durch. Sie boten höhere Erträge und günstigere Preise, während sich Japans Teewirtschaft stärker auf Grüntee konzentrierte.
Erst in den letzten rund 20 Jahren erlebt Wakocha eine Wiedergeburt. Kleinere Manufakturen in Japan legen den Fokus auf Qualität, regionale Charakteristik und handwerkliche Herstellung. Damit kehrt Wakocha als Boutique-Tee zurück – nicht als Massenprodukt, sondern als Ausdruck japanischer Handwerkskunst.
Hauptanbaugebiete & Terroir
Heute stammt der beste Wakocha aus:
- Shizuoka (klassische Teeregion mit vulkanischen Böden)
- Kyushu, vor allem aus den Präfekturen Kagoshima und Miyazaki
Diese Regionen bieten ideale Bedingungen: milde Winter, klare Flüsse, mineralreiche Böden und nebelreiche Täler. Das langsame Wachstum der Pflanzen fördert den Gehalt an L-Theanin und sorgt für komplexe Aromen.
Herstellung von Wakocha – Schritt für Schritt (Orthodoxe Methode)
Die Herstellung von Wakocha folgt der klassischen orthodoxen Methode der Schwarzteeproduktion, ähnlich wie in Indien oder China, aber angepasst an japanische Rohstoffe und Handwerkstraditionen. Jeder Schritt wird dabei bewusst gesteuert, um die weichen, fruchtig-süßen Aromen von Wakocha optimal herauszuarbeiten.
1.Welken (萎凋, Ichō)
Beim Welken wird den frisch gepflückten Teeblättern ein Teil der Feuchtigkeit entzogen, um sie geschmeidiger zu machen und den Fermentationsprozess vorzubereiten.
Ziel: Reduzierung der Blattfeuchtigkeit (etwa 30–40 %)
Dauer: Typisch 12 bis 20 Stunden, je nach Luftfeuchtigkeit, Blattgröße und Witterung
Temperatur: Raumtemperatur bis etwa 25 °C, oft in gut belüfteten Räumen oder auf Netzen
Besonderheit bei Wakocha: Häufig langsamer und schonender als in Indien, um die zarten Aromen nicht zu verlieren.
Während dieses Prozesses beginnen die Blätter bereits erste florale Duftstoffe zu entwickeln.
2. Rollen (揉捻, Jūnen)
Das Rollen hat zwei Aufgaben: Die Zellstruktur der Blätter wird mechanisch aufgebrochen, damit Enzyme freigesetzt werden und die Oxidation beginnen kann. Zudem wird der charakteristische „Twist“ der Blätter geformt.
- Dauer: 30 Minuten bis 2 Stunden, oft in mehreren Stufen
- Technik: Sanftes, wiederholtes Rollen mit Pausen
- Ziel: Gleichmäßige Auflockerung ohne Bruch der Blätter
- Temperatur: Je nach Methode leicht erwärmt (~25–30 °C), aber meist ohne direkte Hitzeeinwirkung
Bei Wakocha wird das Rollen traditionell besonders sorgfältig durchgeführt, um die elegante Struktur der Blätter zu erhalten.
3. Oxidation (発酵, Hakkō)
Die Oxidation, auch Fermentation genannt, ist der entscheidende Schritt zur Entwicklung des typischen Schwarzteegeschmacks und der rotbraunen Tassenfarbe.
- Dauer: 1,5 bis 4 Stunden, je nach Stil des Produzenten
- Temperatur: Etwa 22–28 °C, in feuchter Umgebung (oft 85–95 % Luftfeuchtigkeit)
- Ziel: Abbau der Catechine und Bildung von Theaflavinen und Thearubiginen, die für Farbe und Geschmack verantwortlich sind
Bei Wakocha wird häufig eine kürzere Oxidation bevorzugt als bei kräftigen indischen Schwarztees, um milde, honigsüße und florale Noten hervorzuheben, statt herber Malzigkeit.
4. Trocknung (乾燥, Kansō)
Die abschließende Trocknung stoppt den Oxidationsprozess und konserviert die Aromen.
- Temperatur: 80–100 °C, je nach Feuchtigkeitsgrad und Blattstärke
- Dauer: 15 bis 30 Minuten, oft in zwei Stufen (Vortrocknung & Endtrocknung)
- Ziel: Restfeuchtigkeit auf unter 5 % senken, Aroma fixieren
Durch die sanfte Endtrocknung bleibt der typisch seidige, leicht honigsüße Charakter von Wakocha erhalten.
Zubereitung extrem flexibel & einfach
Viele Wakocha-Tees sind ausgesprochen unkompliziert in der Zubereitung:
- Funktionieren bereits bei niedrigen Temperaturen (75–85 °C) für feine, florale Tassen.
- Vertragen aber auch höhere Temperaturen (90–95 °C), ohne bitter zu werden.
- Oft 2–3 Aufgüsse möglich, wobei jeder Aufguss neue Aromen hervorbringt (ähnlich wie bei Oolong oder Sencha).
Das macht Wakocha ideal für:
- Einsteiger in japanischen Tee.
- Europäische Schwarztee-Trinker, die sanfte Alternativen suchen.
Besonderheit bei Wakocha:
Viele japanische Hersteller nehmen sich besonders viel Zeit beim Welken und beim Oxidieren, um die Balance zwischen Frische, Süße und Weichheit zu optimieren. Häufig kommen kleinere Chargen zum Einsatz, sodass jeder Produktionsschritt exakt auf das jeweilige Blattmaterial abgestimmt werden kann.
Wakocha ist bis heute ein echtes Nischenprodukt:
- Nur ca. 0,5 % der japanischen Teeproduktion entfallen auf Schwarztee.
- Meist handgefertigt in kleinen Chargen.
- Viele Tees stammen von Familienbetrieben mit tiefem Regionalbezug.
Fazit
Wakocha Tee (和紅茶) verbindet japanische Teekunst mit der Welt des Schwarztees. Er überzeugt durch seine milde Note, florale Nuancen und eine sanfte Textur – ganz ohne Bitterkeit. Dank seiner feinen Aromen, einfachen Zubereitung und hohen Verträglichkeit ist er eine spannende Alternative zu herkömmlichen Schwarztees und ideal für alle, die japanische Tees schätzen oder Neues entdecken möchten.

